Interviewserie mit Bündnispartnern - Dr. Joachim Löffler

Herr Dr. Löffler gehört zu den Initiatoren des WIR!-Bündnisses h2-well, das im Rahmen des BMBF-Programms „Wandel durch Innovation in der Region“ gefördert wird. Dr. Löffler ist Geschäftsführer der AVX/KUMATEC Sondermaschinenbau & Kunststoffverarbeitung GmbH und Gründer der AVX/KUMATEC Hydrogen GmbH & Co. KG in Neuhaus-Schierschnitz.

h2well: Herr Dr. Löffler, Sie haben h2-well mit aus der Taufe gehoben und hatten wesentlichen Anteil am Aufbau des Netzwerks aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Main-Elbe Gebiet. Worin sehen Sie die besonderen Stärken der Region bezüglich des Aufbaus einer dezentralen Wasserstoffwirtschaft?

Dr. Joachim Löffler: Die Wasserstofftechnologie ist eine der Schlüsseltechnologien bei der Bekämpfung des Klimawandels. In unserer Bündnisregion ist das seit Langem bekannt. Seit mehr als 10 Jahren sind die in h2-well versammelten Partner in der Wasserstoffwirtschaft aktiv. Es hat sich ein Netzwerk entwickelt, in dem eine Vielzahl von Akteuren eingebunden ist. Kleine und mittelständische Unternehmen und Forschungseinrichtungen gleichermaßen wie Kommunen und lokale Bildungseinrichtungen. Wasserstoff ist kein neues Thema für die Region. Durch die Medien sind die Bürger über die regionalen Wasserstoffaktivitäten informiert, die auf eine breite Akzeptanz stoßen. Und auch von Seiten der Politik ist ein großes Interesse und viel Unterstützung zu verzeichnen. Insbesondere von der Thüringer Landesregierung. Alle demokratischen Parteien sind bereit, die Wasserstoffwirtschaft in der Region zu fördern. Nicht zuletzt, weil der Strukturwandel die mittelständisch geprägten Unternehmen, allen voran die Automobilzulieferer, vor großen Herausforderungen stellt. Die H2-Technologie bietet optimale Voraussetzungen dem Strukturwandel zu begegnen und eine win-win-Situation auf allen Ebenen, für Wirtschaft, Forschung und Zivilgesellschaft zu schaffen.

Im Jahr 1991 haben Sie die KUMATEC Sondermaschinenbau & Kunststoffverarbeitung gegründet, die vor allem Komponenten für die Automatisierungstechnik liefert. Wie kamen Sie dazu, mit der Herstellung von Elektrolyseuren auf ein völlig neues Feld, nämlich die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, zu setzen?

Die Kumatec verfügt über langjähriges Know-How im Automatisierungsbereich und dem Maschinenbau. Für mich als Unternehmer war immer das Ziel, dieses Know-How zu nutzen, um eigene Produkte zu entwickeln, statt eine verlängerte Werkbank als Zulieferer zu sein. Für die Solarindustrie haben wir z. B. eigene Sonderkomponenten entwickelt und pantentiert, die zum Teil bis heute verkauft werden. Doch die Erzeugung von erneuerbarer Strom allein reicht nicht aus; bei fluktuierenden Energien, wie Solar- und Windkraft, muss man sich auch Gedanken über die Speicherung machen. Bei der Suche nach einem geeigneten Energiespeicher sind wir schnell auf Wasserstoff gekommen. Und für die technische Umwandlung von Strom und Wasser in H2 braucht es eben einen Elektrolyseur. So haben wir vor ca. 12 Jahren mit der Entwicklung von Elektrolyseuren begonnen. Und jetzt ist der Schritt zur Kommerzialisierung gemacht, seit den letzten ein bis zwei Jahren verkaufen wir Elektrolyseure.

 

Jüngst ist das erste h2-well Umsetzungsvorhaben „PEM4Heat“ in Sonneberg gestartet, in dem die AVX KUMATEC Hydrogen GmbH & Co. KG für die Konsortialleitung verantwortlich ist. Welche Akzente setzt das Vorhaben für den in h2-well forcierten „Wandel durch Innovation in der Region“?

Im Rahmen von PEM4Heat soll ein Schaufenster für Wasserstoff im Sonneberger Rathaus entstehen, das die Bevölkerung zum Entdecken der Technologie einlädt. Im Schaufenster werden die in PEM4Heat entwickelten Innovationen präsentiert, unter anderem ein 300 bar Elektrolyseur, der Wasserstoff schon im Zuge der Erzeugung auf einen Ausgangsdruck von 300 bar bringt und einem Mikro-BHKW mit Wasserstoff-Sauerstoff-Kreislaufmotor und einer Brennstoffzellenheizung zuführt. Zudem werden in PEM4Heat neue Membran-Technologien für die Wasserstoffverdichtung erprobt. Signifikanter Bestandteil des Projekts, neben diesen Einzelinnovationen, ist die Beteiligung der Sonneberger Berufsschule, die neue Module zur Wasserstofftechnologie für die Mechatroniker-Ausbildung konzipiert und in Zukunft das Ausbildungsprofil H2-Techniker etablieren will. Das ist enorm wichtig, denn wir brauchen Fachkräfte mit H2 Know-How. Über das jüngst gegründete HySON-Institut für angewandte Wasserstoffforschung in Sonneberg sind eine Reihe weiterer Akteure angeschlossen, die wie das Konsortium in PEM4Heat das Ziel verfolgen, Wasserstoff für dezentrale Anwendungen zugänglich zu machen. Darin liegt auch die Chance für die kleinen und mittelständischen Industriebetriebe in der Region, Produkte für die dezentrale Wasserstoffwirtschaft herzustellen.

Die Elektrolyse ist zwar technisch ausgereift, aber die Skalierung im industriellen Maßstab und die kosteneffiziente Herstellung sind noch Hürden, die es zu lösen gilt. Inwiefern kann die in den h2-well Umsetzungsvorhaben vorangetriebene Weiterentwicklung der PEM-Elektrolyse hierzu beitragen?

In der Tat ist die Elektrolyse als Prozess technisch ausgereift, es gibt aber immer noch Ansätze zur Optimierung der Elektrolyse-Anlagen, wie zum Beispiel der Einsatz neuer beständigerer Materialien oder, wie in PEM4Heat verfolgt, die Erhöhung des Ausgangsdrucks. Aber vor allem wichtig ist, dass jetzt die Hürde der Skalierung und Industrialisierung genommen wird. Industrialisieren heißt hier weg vom Prototyp- und Labormaßstab hin zur industriellen Herstellung mit vollautomatischen Verfahren zu kommen. Für Elektrolyseure muss ein automatisierungsgerechtes Konstruktionsdesign entwickelt werden, das die Herstellung in großen Stückzahlen in industriellen Fertigungsanlagen erlaubt. Hierin muss investiert werden. Die Materialkosten für die Elektrolysekomponenten sind zwar ein wichtiger Kostenfaktor. Industrielle Fertigungslinien aufzubauen ist aber einer der Schlüssel, um die Wasserstofftechnologie wettbewerbsfähig auf dem Markt zu etablieren. Das ist nicht unmöglich, wenn man bedenkt, was die Herstellung von Solarzellen einst gekostet hat und wo der Preis heute liegt. Und auch das erste Automobil lief nicht bei Ford vom Band, sondern wurde von Gottlieb Daimler in einer Werkstatt konstruiert und gebaut.

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