Interviewserie mit Bündnispartnern - Anna Mehlis und Anne Jasmin Bobka

Vier Fragen an Anna Mehlis und Anne Jasmin Bobka, Mitarbeiterinnen am Lehrstuhl für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Wir setzen unsere Interviewserie „Vier Fragen an …“ mit Bündnispartnern aus dem h2-well Bündnis fort. Für diese Ausgabe unterhielten wir uns mit Anne Jasmin Bobka und Anna Mehlis. Beide sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Lehrstuhl für Arbeits-, Industrie- und Wirtschaftssoziologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena unter der Leitung von Prof. Dr. Klaus Dörre (Bild: h2well-Team an der FSU Jena: v.l.n.r., Prof. Dr. Klaus Dörre (Projektleitung), M.A. Anna Mehlis (Wissenschaftliche Mitarbeiterin), B.A. Fabian Pflügler (wiss. Assistent), M.A. Anne Jasmin Bobka (Wissenschaftliche Mitarbeiterin)). Als Partner im h2-well Vorhaben „Markthochlauf“, arbeiteten sie in der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung und untersuchen dabei den Gegenstand und die Ausprägung sozialökologischer Transformationskonflikte im Mobilitäts- und Energiesektor.

Wir sind neugierig geworden und haben genauer nachgefragt:

h2-well: Sie sind im Rahmen des WIR! Bündnisses h2well im Demonstrationsvorhaben „Markthochlauf“ tätig, welches die Untersuchung von Wasserstofftechnologien in regionalen Infrastruktursystemen zum Ziel hat. Wie gehen Sie bei der Entwicklung derartiger Umfragen vor, wie entwickeln Sie geeignete Fragen und wie wählen Sie die zu befragenden Personen aus?

Anna Mehlis: Wir haben Gespräche mit ExpertInnen geführt, um unsere Forschungsfragen und Thesen weiterzuentwickeln. Auf Grundlage des aktuellen Forschungsstandes und der explorativen ExpertInneninterviews spezifizierten wir das jeweilige methodische Vorgehen und die relevanten Personengruppen für unsere Untersuchungen. Wir führen verschiedene Befragungen zur Akzeptanz, den industriepolitischen Strategien und der Demografie- und Fachkräfteentwicklung für Wasserstoffanwendungen durch. Ein Beispiel: Wir erheben quantitative Daten zu Einstellungen in der Bevölkerung, um gesellschaftliche Milieus zu identifizieren und Potenziale für Wasserstoffanwendungen zu erschließen. In qualitativen Untersuchungen können wir dann in die Tiefe gehen und zum Beispiel mit einer Analyse industriepolitischer Strategien relevante Weichenstellungen der Politik, Sozialpartner und Verbände untersuchen. So können wir Chancen, aber auch mögliche Konfliktlinien entlang sozial-ökologischer Konfigurationen, die Auswirkungen auf die Akzeptanz von Wasserstoff haben auf verschiedenen Ebenen erfassen.

Die Entwicklung gezielter Umfragen, besonders bei neuartigen Themen wie der Energiewende und deren Herausforderungen, ist sehr aufwendig und erfordert Fingerspitzengefühl, um verwertbare Ergebnisse zu erzielen. Welche Themen nutzen Sie in Ihren Umfragen und wie viele Personen befragen Sie je Umfrage, um zu repräsentativen Aussagen zu kommen?

Anne Jasmin Bobka: Bei der Bevölkerungsbefragung werden bundesweit eintausend Personen befragt. Repräsentativität wird sichergestellt, indem die Stichprobe der Befragten das Verhältnis der Sozialstruktur der deutschen Bevölkerung abbildet. Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass in der allgemeinen Bevölkerung Wasserstofftechnologien und Verfahren zur Erzeugung von Wasserstoff weitgehend unbekannt sind. Um Verlässlichkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, war es bei der Entwicklung des Fragebogens wichtig, keine überfordernden Fragen zu formulieren. Damit die Befragten auch bei Unkenntnis von grünem Wasserstoff verlässliche Antworten geben können, erfassen wir die Akzeptanz anhand lebensnaher Berührungspunkte z.B. zum Mobilitätsverhalten und zum Klimaschutz.

Es gilt als allgemeine Erkenntnis, dass die Energiewende nur mit der Bevölkerung erfolgreich vollzogen werden kann. Können Sie aus Ihren Umfragen bereits ableiten, wie die Bevölkerung tendenziell der Energiewende und den damit verbundenen Veränderungen gegenübersteht? Wo sehen Sie die größten Herausforderungen?

Anne Jasmin Bobka: Es ist sehr wichtig, die Akzeptanz in der Bevölkerung für neue Energietechnologien nicht zu unterschätzen – wie es leider häufig der Fall war: Zahlreiche Beispiele zeigen, dass große Unternehmungen gescheitert sind, weil die (lokale) Bevölkerung nicht ausreichend beteiligt wurde. Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass dem größten Teil der Bevölkerung die Energiewende zu langsam vorangeht. Allerdings halten auch viele Menschen die Verteilung der damit verbundenen Kosten für ungerecht. Entscheidend wird sein, wie sich dieses Verhältnis in Zukunft weiterentwickelt. Die soziale Gerechtigkeit sehen wir daher als eine der größten Herausforderungen für die Energiewende.

Sie entwickeln gezielt Umfragen, um Antworten bezüglich der Akzeptanz von Wasserstofftechnologien in der Bevölkerung zu erhalten. Eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung gilt dabei als Schlüssel für einen erfolgreichen Markthochlauf. Wie und wohin werden dabei Ihre Erkenntnisse kommuniziert, um bei der Umsetzung in regionalen Infrastruktursystemen mit Wasserstofftechnologien angemessen berücksichtigt zu werden?

Anna Mehlis: Mit Veröffentlichungen unserer Forschungsergebnisse wirken wir in den wissenschaftlichen Diskurs. Im Sinne einer öffentlichen Wissenschaft geht es uns darum, in Zusammenspiel und Dialog mit Akteuren und ExpertInnen aus den unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen, Partnern aus dem Verbund, politischen Akteuren oder den Sozialpartnern, Erkenntnisse zu generieren. Dabei sehen wir im h2-well Bündnis neben den Forschungsimpulsen auch wichtige Rückkopplungsmöglichkeiten: Einerseits im Rahmen von Veranstaltungen, wie der Jahresveranstaltung, und andererseits durch Workshops mit den Partnern im Verbund. Ein enger Austausch mit unseren Verbundpartnern ist insbesondere bei unserer Nutzerbefragung zu Wasserstofftechnologien relevant.

Zurück